International Women’s Day 2021 in Augsburg, Germany

Red is not a Colour // Rot ist keine Farbe

Photography: Marijana Bicvic & Felix

In collaboration with Frauen*streikkomitee Augsburg

Red is not a Colour

CW: sexual violence

“…. red was the only colour spirits could see.” (Jaime Black, initiator of the REDress project)

‘Red is not a Colour’ explores the tension between life and death, between pleasure and power, between liberation and oppression. It is a response to violent crimes against women and girls* – committed by men globally and daily –, it is a symbol of solidarity and most importantly, it is a question. It is many questions. Through this performance, I asked, and I keep asking:

// Where do you carry red traces? Is it your body, is it your hands? Are you the oppressed or the oppressor? Can you be both?

// Where is your inner red? Where is your rage? Is it relevant?

// Where is your storage of shame? What colour has it? What would you wish to paint over?

// Where are the meeting points of these threads?

// What will we weave from here?

‘Red is not a Colour’ paints traces of trauma, it paints the dreams of those whose lives were taken violently by men, and it paints the voices of those who were and still are being silenced by patriarchal structures. It speaks. Of symbols and shameless presence, of red rage and radical reclamation. It is telling a story. Of sensitivity and sensuality and survival, of remembrance and responsibility and resistance.

The colour red then becomes the ambiguous, the double-edged sword, the chromatic connection of both vitality and violence, the fine lines between tenderness, trust, and trauma, between love and lust, between power and pain, between desire and shame – a million shades of vermilion.

If red was the only colour that spirits could see – it becomes an incarnation of ancestral trauma that is being carried within the bodies that wander this Earth. It becomes a re-incarnation of those who had their lives being taken but who still have a voice. It then also becomes an extension of the immortal and the divine.

Maybe it is not by coincidence that God is referred to as ‘Akal Esh’, the Consuming Fire. Maybe there is a sacredness to be found in these devastating fires. Maybe our rage IS sacred. Maybe our red can ignite a spark.

Finally, the colour red is what is carried in our lifelines. It is what connects humanity, it is the ultimate representation of both life and death. Just like red, the system is carried within, by each of us. This is why remembrance, resistance and revolution can only be radical [from Latin 'radicalis' - growing/forming roots]. Red, in its ambivalent nature, can be the bond that holds captive a-n-d the thread that weaves webs. Red is ambivalent, but we cannot. We must make a choice, and we must act. Red, therefore, is not a colour. Red is a reminder, a reclamation, and an impulse to act, until each of us can live both held and free, in any colour we may choose.

* Note: the project is about those who identify as women and girls, and it is about those whose body is marked and read female, regardless of their gender/sexual identity. In a way, it is about all those who are oppressed and/or affected by patriarchal structures. Therefore, it is for everyone, no matter at which crossing of threads you situate yourself at.

 

Rot ist keine Farbe //

Rot ist…
warm war es geworden, der Frühling hatte sich selbst aus dem Winterschlaf geholt und sich neben uns gelegt. Die Sonne war sacht, subtil schob sie ihre Strahlen zwischen Körper, zwei Körper, zart benetzt vom sanften Tasten, tausend Finger, die sich Wege suchten und Münder, die Kreise schlossen - - Hände, die Herzschlag hörten und Arme, die sich zu halten wussten, Körper, zwei Körper, die sich nichts beweisen mussten. Es fühlte sich an wie ein Ankommen, ohne jemals weg gewesen zu sein, es fühlte sich an, als wäre dieser Mensch ein Hafen, ein Ankerpunkt, ein Anfangspunkt, es fühlte sich an, als wäre das…
Rot
ist keine Farbe.
Rot ist …
Hitze durchströmte meine Glieder, ein fließendes Verlangen nach Reibung und Reizen, nach Haut auf Haut und Hohlräumen, die sich mit Speichel füllen und ich fing an mich zu bewegen, fing an mich zu berühren, fing an mich zu befreien. Zahllose Augenpaare, die dabei auf mir lagen, die lechzend meinen Bewegungen folgten, ich tanzte für mich und war doch nicht allein. Ich erinnere mich an die Tanzflächen, die zum Gehege wurden, ich, die Raubkatze, die Freiheit im Fell trug, sie, die Zuschauer, die zu Dompteuren wurden. Mit jedem Tanz wurde das Gehege kleiner, mit jedem Ausbruch mein Schuldgefühl größer. Meine Wildheit und Sinnlichkeit und Freiheit wurden zum Verbot, ein immer präsentes Warnsignal, leuchtend… Rot
ist keine Farbe.
Rot ist…
Scham, die mir ins Gesicht steigt und es zum Glühen bringt, das gehört sich nicht, das war anstößig und gewagt, sei ein anständiges Mädchen, hat er gesagt. Und ich schämte mich fürs laut sein wollen, fürs frei sein wollen, schämte mich für Schamhaare und für Körperrollen, schämte mich für Brüste, die anders sein sollen, schämte mich für den Raum, den ich mir nahm, und zuletzt schämte ich mich auch für das Gefühl der Scham. Rot ist keine Farbe. Rot ist…Macht ist Dominanz ist Führung ist männlich besetzt, zwischen Herr-schaft und Be-Herr-schung denke ich oft, dass ich erst zum Mann werden muss, um mächtig zu sein - um mich zu ermächtigen. Und mit Macht meine ich im Vollbesitz meiner Kräfte zu stehen, Platz einzunehmen und die Definition von Stärke zu drehen. Denn stark ist, wer bei harschem Wind und harten Wellen weich bleiben kann, wer den Mut hat dagegenzuhalten, und die eigene Komplizenschaft im System auszufalten. Stark ist, wer die Kraft hat, Strukturen aufzuspalten, wer Raum lässt, ohne ihn zu verlassen und wer es schafft, sich immerwährend in der Verantwortung zu halten.
Noch immer suche ich nach dem Drehpunkt meiner Unterdrückung, nach der Kreuzung, an der Fäden zusammenfließen, nach der Stelle, an der sich Knoten lösen ließen, bevor Kreidespuren schwerer wiegen, sich Kehlen verschließen und ihre, unsere, Stimmen irgendwann einmal versiegen.
Rot ist keine Farbe.
Rot ist…
Feuer, ist Wut, ist Funken werfend, du hast es doch gewollt, oder nicht, die Antwort blieb ungehört, denn er hatte sichergestellt, dass sie keiner stört. Du hast es doch gewollt, oder nicht, deine Blicke, dein Tanz, deine nackten Beine im Bühnenlicht, dein Zwinkern und dein Lächeln im Gesicht. Du hast es doch gewollt oder nicht, Wut ist Rot ist keine Farbe, rot ist Blut, ist Gewalt, ist Tod. Präsent in Zahlengestalt und Datengewand, eine formlose Statistik, eine Prozentangabe, ein Loch in der Landkarte. Und ab und an erinnert man sich an vergessene Namen, an fehlende Geschichten und verdeckte Gesichter. An Körper, ein Körper, zart benetzt vom sanften Tasten, zwei Hände, die Herzschlag hörten und Arme, die sich zu halten wussten, Körper, ein Körper, dessen Träume weiterziehen mussten – dieser Mensch, eine von vielen, war ein Hafen, ein Ankerpunkt, ein Anfangspunkt.
Rot ist keine Farbe.
Rot ist…
Blut, ist das Leben, das wir alle in uns tragen, es sind die feinen Aderwege, die sich verzweigt und verschlungen haben, die sich vernetzend aneinander weben, um Richtung Herz zu streben, um zu pochen und zu pulsieren, und um frei und in Farbe zu leben.

PC: Felix

PC: Felix

 
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